Am Montagabend, den 17. 05. 2010, hat im Gebäude des „Alten Winzerkellers“ an der Breisacher Muggensturmstraße eine Bürgerinformationsveranstaltung stattgefunden. Interessierte Anwohner/Innen des Geländes konnten sich über die noch für dieses Jahr vorgesehenen Abbrucharbeiten informieren und Vertretern der beteiligten Unternehmen Fragen zur Vorgehensweise des Mammutprojektes stellen. Im Verlauf des Abends wurde überdeutlich, dass der Rückbau der Riesenhallen mit enormen Belastungen für die Anlieger (m/w) verbunden sein wird.
Dass auf der Veranstaltung nicht „um den heißen Brei“ geredet werden sollte, machte Breisachs Bürgermeister Oliver Rein schon in seiner kurzen Begrüßungsrede vor den zahlreich erschienenen Bürgerinnen und Bürgern deutlich. Aber auch welche einmalige Gelegenheit die Umnutzung des seit rund 20 Jahren ungenutzten innerstädtischen Geländes für das Stadtbild mit sich brächte, ließ Rein nicht unerwähnt. Der Zielkonflikt, der sich durch den gesamten Abend ziehen sollte, wurde also schon zu Beginn klar umrissen.
Zunächst versuchte BWK- Vorstand Wilfried Dörr zu erklären, warum sein Unternehmen die enormen Abbruchkosten von 1, 1 Millionen Euro nicht selbst übernehmen könne: Allein die schrittweise Verlagerung der Produktionsstätten und Kelleranlagen in das neue Gebäude hatte die Großkellerei etwa 7 Millionen Euro gekostet, ein Interessent für die Gebäude habe sich nicht finden lassen. Er begrüßte jedoch die neue städtebauliche Entwicklung, die durch die Kostenübernahme der Stadt nun in greifbare Nähe gerückt sei.
Anschließend erläuterte Florian Herth, Leiter des städtischen Bauverwaltungsamtes, die rechtliche Lage, die nicht zuletzt ausschlaggebend für die Ausrichtung der Veranstaltung war: Der früher sehr eng ausgelegte Nachbarschaftsbegriff sei mittlerweile juristisch weiter gespannt, so dass die Bekanntmachung des Abbruchantrages nicht mehr „in seinem Büro“ stattfinden könne, da nach der neuen Definition zu viele Breisacher/Innen als Anlieger betroffen seien und unterrichtet werden müssten.
Ans Eingemachte ging es mit den Mitarbeitern der Firma HPC, einer Spezialfirma für die Planung, Überwachung und Durchführung komplexer wie komplizierter Abbrucharbeiten. Bertram Schrade erläuterte die Besonderheiten beim Rückbau der Winzerkellergebäude insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Sicherheits- und Gefahrenkoordination (SiGeKo). Problematisch seinen im vorliegenden Fall zum einen der Anteil an verbautem Asbestzement (ca. 6. 500 m²) sowie zum anderen dem für alte Brauerei- und Kellereigebäude typischen, stark PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)- haltigen Dämmstoff Teerkork (ca. 5. 500 m²). Diese Materialien würden vor dem eigentlichen Abriss fachgerecht ausgebaut, so versicherte Schrade.
Baustatiker Jäger, zuständig für das Beweissicherungsverfahren, fasste sich kurz: Die Anliegergebäude würden einer Vorher- Nachher- Prüfung unterzogen, um auf diesem Wege Schäden zu ermitteln, die durch die Rückbaumaßnahem entstanden seien.
Den Abschluss der Erörterungsrunde bildeten die Ausführungen von Martin Maier, Mitarbeiter der mit dem Abbruch beauftragten Firma Walter Keune. Zunächst, so Maier, würden Asbest und Teerkork entfernt. Anschließend mit Baggern, die- auch aus Gründen der Lärmminderung -weitestgehend mit so genannten Trennscheren arbeiteten, zuerst das Süd- und anschließend das Nordgebäude abgerissen. Die Betonbodenplatten der Gebäude würden belassen, was den Vorteil des weitgehenden Verzichtes auf die extrem lauten Abbruchmeißel mit sich brächte. Um die Verkehrsbelastung so gering wie möglich zu halten, würde alles Material vor Ort von einer mobilen Schredderanlage recycled. Diese werde im etwa sechs Meter tiefen Keller des Gebäudes aufgestellt, so dass Lärm- und Staubbelastung geringer ausfielen als bei ebenerdiger Positionierung der Anlage.
Nach dieser geballten Ladung Information betonte Bürgermeister Rein wie schon zu Beginn, dass es sich nicht um ein „Wohlfühlthema“ handle, sondern der Abbruch „eine mordsmäßige Belastung für uns alle“ mit sich brächte. Anschließend fasste er die aus seiner Sicht wichtigsten Themenkomplexe in Stichworten zusammen, bevor er den Bürgerinnen und Bürgern das Wort gab: Schadstoffe, Lärm, Staub, Gebäudeschäden, Abbruchreihenfolge.
Die für einige Anlieger unter Schallschutzgesichtspunkten unverständliche Abbruchreihenfolge (erst Süd- dann Nordgebäude) begründete Herr Haase von HPC mit der Baustellenlogistik: das Südgebäude sei vom Abriss unkomplizierter, so dass dort relativ rasch die nötigen Freiflächen für die weitere Abbruchmaßnahme geschaffen werden könnte. Die Belastung durch Baustellenverkehr liege bei rund 15 LKWs pro Tag. Die Frage nach der Dauer der Maßnahme wurde vom Fachmann mit fünf Monaten beziffert, wobei zunächst von einer Arbeitszeit von Montag bis Freitag 07:00 bis 17:00 Uhr ausgegangen würde. Die Sorgen einer Anwohnerin, dass die gesetzlich erlaubte Zeit, Montag bis Samstag 07:00 bis 19:00 Uhr ausgenutzt werden könne, vermochte - auch auf Nachhaken des Bürgermeisters -keiner der Fachmänner endgültig aus der Welt zu schaffen. Die Frage nach möglichen Gebäudeschäden hingegen, konnte Haase weitgehend entkräften. In seiner beruflichen Laufbahn hätte er dergleichen bisher nicht erlebt. Allerdings betonte der Experte, dass es sich bei der Maßnahme um etwas einigermaßen Einmaliges im südbadischen Raum handle, gewissermaßen die „Abbruch- Champions- League“, die ohne Einschränkungen und gewisse Risiken eben nichtzu leisten sei. Angesichts dieser Spielklasse, bat Oliver Rein die anwesenden Herren von der Gewerbeaufsicht des Landratsamtes nochmals nachdrücklich um ihre Unterstützung, die auch ebenso nachdrücklich zugesichert wurde. Die Frage nach dem „lautesten Lärm“ wurde mit dem auch vibrationstechnisch gefürchteten Meißel, gefolgt von der 65- Dezibel- Schredderanlage beantwortet - nicht lauter als ein Küchenmixer, so Haase. Alternativ zum Geschredder sei nur die Abfuhr des Materials möglich, was aber zu stark erhöhtem Baustellenverkehr führen würde, ergänzte Martin Maier. Gegen zu viel Staubentwicklung werde mit Benetzungen vorgegangen, die Entfernung des flüchtigen Teerkorks mit Vorhängen abgeschirmt, so die Antwort auf die Staub- und Schadstofffrage. Phasen, in denen die Fenster geschlossen werden müssten, so Haase, würden in keinem Fall auf die Anwohner/Innen zukommen. „Der Sommer“, allerdings, so Bürgermeister Rein auf die Frage nach dem Beginn der Abbrucharbeiten, „sei nicht zu retten“, da, sofern der Gemeinderat in seiner Sitzung am 18. 05. 2010 dem Abbruchantrag zustimmt, im Juni oder Juli mit dem Abriss begonnen werden solle. Auch die anschließend präsentierten Bilder der für das Gelände geplanten schnieken Neubauten vermochten, zumindest für den Augenblick, nicht wirklich Trost zu spenden. Eher dominierten Sorgen um neuerlichen Lärm und Parkplatznöte. „Wer´ s schöner will, muss leiden“, könnte ein vorläufiges Fazit des Informationsabends lauten. Schöner wird das Gesicht der Stadt durch das Verschwinden des maroden Gebäudekomplexes in jedem Falle werden. Die Hauptlast tragen zweifellos die Anlieger (m/w) der Baustelle. Eine schwierige Entscheidung steht dem Gemeinderat am heutigen Abend jedenfalls bevor, die sich von den Bürgervertreter/Innen wohl nur befriedigend für alle Beteiligten treffen lässt, wenn man den Blick im Sinne des Allgemeinwohls unter den Gesichtspunkten Nachverdichtung und Aufwertung des Stadtbildes auf die fernere Zukunft richtet. Die nähere Zukunft wird, sofern die Abbruchmaßnahme beschlossen wird, für die Betroffenen sicher kein Spaziergang.
Author: Julius W. Steckmeister (Breisacher Nachrichten, Article No. 2269 ISSN 2698-6949)